Bereits im Oktober letzten Jahres lud die Demo für Alle zu einer Demonstration gegen den Hessischen Lehrplan für Sexualerziehung an Schulen.
Nun hat sich die Demo für Alle für den 06.05. wieder in Wiesbaden angekündigt – mit dem „Symposium Sexualpädagogik der Vielfalt – Kritik einer herrschenden Lehre“ im Kurhaus.
Dieses Vorgehen ist bereits bekannt. Auch in Stuttgart lud die Demo für Alle sowohl zu Demonstrationen, als auch 2016 zu einem Symposium. Dort fielen unter anderem Aussagen wie: „Die Mehrheit wollte nicht sehen, dass Homosexualität generationenblind und lebensfeindlich ist.“ (Manfred Spieker, vgl. http://www.kath.net/news/53733 [Stand: 28.04.107]).
Wen hat die Demo für Alle also in Wiesbaden geladen, um ihre Thesen zu bekräftigen?
Laut dem Internetauftritt der Demo für Alle wird davon ausgegangen, dass insbesondere die Vorträge von Prof. Dr. Christian Winterhoff und Dr. Teresa Nentwig ein Dorn im Auge der Gegenproteste und „hochgradig brisant“ sein werden (vgl. https://demofueralle.wordpress.com/2017/04/21/vielfalts-front-will-unser-symposium-mundtot-machen-jetzt-erst-recht-bitte-anmelden-und-kommen/ [Stand: 26.04.2017, 14:44]).
Prof. Dr. Christian Winterhoff
Winterhoff legte letztes Jahr das „Rechtsgutachten zu Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit der Erziehung von Schulkindern an öffentlichen Schulen in Schleswig-Holstein zur Akzeptanz sexueller Vielfalt“ vor und zieht darin den Schluss, dass der Lehrplan für Sexualerziehung verfassungswidrig sei, da er gegen das Indoktrinationsverbot verstoße. Wenn in der Schule verschiedene Formen von Sexualität als gleichwertig aufgezeigt werden, verstieße das gegen die Verfassung: „Staatliche Vorgaben für die schulische Sexualerziehung, die Hetero-, Bi-, Homo-, und Transsexualität als gleichwertige Ausdrucksformen von Sexualität vorgeben, verstoßen gegen das verfassungsrechtliche Indoktrinationsverbot“ (Winterhoff: 2016, 15; vgl. https://www.echte-toleranz.de/files/Dokumente/Rechtsgutachten.von.Prof.Dr.Christian.Winterhoff.v.29.08.2016.pdf [Stand: 28.04.2017]).
Zu dem Rechtsgutachten ist insbesondere zu erwähnen, dass es von dem Verein „echte Toleranz e.V.“ in Auftrag gegeben wurde, der selbst gegen die Lehrpläne für Sexualerziehung ankämpft. Eine Erklärung der Begrifflichkeit „Indoktrination“ nimmt Winterhoff in seinem Gutachten nicht vor.
Queer.de schreibt dazu: „Das Gutachten ist nach Ansicht von LGBTI-Aktivisten diskriminierend und in der rechtlichen Herleitung äußerst fragwürdig, wird aber von Homo-Gegnern zunehmend zu ihrer Argumentation verwendet. Es spielte etwa eine Rolle, als die ,Demo für alle‘ eine fortschrittliche Schulaufklärung in Bayern verhinderte.“ (http://www.queer.de/detail.php?article_id=28571 [Stand: 28.04.2017]).
Prof. Dr. Harald Seubert
Ein weiterer Redner ist der Theologe und Philosoph Harald Seubert. Der Titel einer seiner Publikationen aus dem Jahr 2011 lautet: „Vergewaltigung der menschlichen Identität: Über die Irrtümer der Gender-Ideologie“. Er ist Vorstand der Heidegger-Gesellschaft und war Präsident des Studienzentrums Weikersheim, das durch die Nähe zur rechten Szene bekannt ist.
Auf der Webseite der Veranstaltung des geplanten „Symposiums“ in Wiesbaden wird er folgendermaßen zitiert: „Die im Grundgesetz garantierte menschliche Würde ist der Rahmen für Pluralität auf sittlicher Grundlage. Ihr liegt ein Verständnis des Menschen zugrunde, das sich von der Gottebenbildlichkeit und sittlicher Autonomie herschreibt und Ansatzpunkt begründeter Freiheit ist. Eine ‚Sexualpädagogik‘ vermeintlicher Vielheiten verlässt diese Grundlage, manipulatorisch und eingreifend. Sie ist nicht tolerant, sondern tendenziell totalitär.“
Dr. med. Christian Spaemann M.A.
Der Psychiater Christian Spaemann ist der Sohn des Philosophen Robert Spaemann, der als Unterstützer der Demo für Alle bekannt ist.
Spaemann tritt immer wieder öffentlich für die „Heilung“ Homosexueller ein und deutet diese als „wissenschaftlich mehrfach belegt“ (http://www.kath.net/news/20708 [Stand: 28.04.2017]). Außerdem fordert er eine Rangliste bei Adoptionen, bei welchen Homosexuellen hinter allen möglichen familiären Konstellationen als letzte Möglichkeit zur Adoption gewählt werden dürften (vgl. http://tvthek.orf.at/program/Archiv/7648449/Lesben-Schwule-und-ihre-Kinder/7989888/Lesben-Schwule-und-ihre-Kinder/7989889 [Stand: 28.04.2017]).
Prof. Dr. Jakob Pastötter
Queer.de schreibt zu dem Redner Pastötter: „Erneut den Homo-Hassern zur Verfügung stellt sich Prof. Dr. Jakob Pastötter von der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS), deren Vizechefin Karla Etschenberg bereits den Bildungsplan in Baden-Württemberg kritisiert hatte und nach Kritik aus dem Fachbeirat der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld zurückgetreten war (queer.de berichtete). Nach dem Kongress in Stuttgart, in dem er warnte, dass Sexualkunde heute ,promiskuitive Sexualität‘ und letztlich Missbrauch fördere, hatte er sich wie Beverfoerde als Kronzeugen für eine Propaganda-Dokumentation der rechten Zeitung ,Jungen Freiheit‘ gegen Bildungspläne (,Porno, Peitsche, Pädophilie – Perversion im Klassenzimmer‘) zur Verfügung gestellt“ (vgl. http://www.queer.de/detail.php?article_id=28571 [Stand: 28.04.2017]).
Dr. Teresa Nentwig
Nentwig verhandelt in ihrem Vortrag das Thema „Helmut Kentler und sein Konzept der ,emanzipierenden Sexualerziehung‘ aus historischer Sicht“. Helmut Kentler war Psychologe und Professor für Sozialpädagogik und wurde postum insbesondere für ein Projekt, bei dem er Pflegestellen für Jugendliche bei homosexuellen Pädophilen organisierte, kritisiert. In der Studie „Die Unterstützung pädosexueller bzw. päderastischer Interessen durch die Berliner Senatsverwaltung. Am Beispiel eines ,Experiments‘ von Helmut Kentler und der ,Adressenliste zur schwulen, lesbischen & pädophilen Emanzipation‘“ ging Nentwig der Frage nach der Unterstützung des Projektes durch die Berliner Senatsverwaltung nach.
Obwohl aus der Ankündigung des Vortrags und ihren Arbeiten nichts über ihre Haltung hervorgeht, ist doch besonders bemerkenswert, dass Nentwig als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Göttinger Institut für Demoraktieforschung bei einem „Symposium“ der durch die AfD geförderten Demo für alle auftritt. Jedoch scheint hier eine vermeintliche Verstrickung von Homosexualität, Pädophilie und dem Konzept von Sexualerziehung der Lehrpläne im Mittelpunkt zu stehen.
Dass der Organisationskreis der Demo für Alle keine Berührungsängste hat, wenn es um die Zusammenarbeit mit der radikalen Rechten geht, zeigt sich unter anderem daran, dass bei der Demonstration in Wiesbaden nicht nur Neonazis an der Demonstration teilgenommen haben, sondern der Wetzlarer NPD-Stadtverordnete Thassilo Hantusch sogar als Ordner bei der Demo für Alle eingesetzt wurde (vgl. http://www.fr.de/rhein-main/hessen-demo-ordner-von-der-npd-a-297485 [Stand: 28.04.2017]).
Weitere Informationen über die Verstrickungen der Demo für Alle in die rechtspopulistische und rechte Szene finden sich auf der Homepage unseres Bündnisses und auf queer.de: